Leo Trepp Vorlesungen
Es war der Auftakt für die Leo-Trepp-Vorlesungsreihe. Und das Interesse hätte größer nicht sein können. Ende Februar sprach die Judaistikprofessorin und Autorin Susannah Heschel in einem überfüllten Saal in der Synagoge Emanu-El in San Francisco über das Thema: „Redefining 21st Century Jewish Identity – Can we be morally grand and spiritually audacious?“ Auf Deutsch: „Eine Neudefinition der jüdischen Identität im 21. Jahrhundert – Können wir moralisch großmütig und spirituell wagemutig sein?“ Nicht nur das Thema zog die Zuhörer an, sondern auch die Neugier auf die Dozentin. Immerhin ist Heschel nicht nur eine angesehene Forscherin, vor allem auf dem Gebiet der interreligiösen Beziehungen, und daneben eine bekannte Feministin, sondern zudem die Tochter des berühmten Philosophen und Rabbiners Abraham Heschel. Mit diesem hatte sich Trepp zu Studienzeiten in Berlin befreundet, und so schien seine Tochter die perfekte Besetzung für diesen Abend zu sein. In ihren Ausführungen erinnerte sie immer wieder besonders an ihren Vater und an Trepp und auf deren moderne Interpretationen der jüdischen Schriften. Mit Humor und Verweisen auf die beiden Männer führte Heschel vor, dass die Tora den Juden auch zu aktuellen Fragen einiges zu sagen hat.
Informationen finden sie in dem Programm (Englisch): Program Heschel
Ausschnitte aus Höraufnahmen der Veranstaltung können Sie hier finden (Englisch):
https://soundcloud.com/congregation-emanu-el/rabbi-jonathan-singer-germ…
Eine Woche später, am 4. März, war Susannah Heschel die Auftaktrednerin der jährlichen Leo-Trepp-Vorlesung im Hillel Haus der Boston University, veranstaltet vom Rabbi Leo Trepp Lecture Fund und dem Elie Wiesel Center der Universität. Boston war die erste Station für Leo Trepp, nachdem er aus Deutschland emigriert war. Er fand hier Freunde und studierte in Harvard, bevor er sich entschied, an die Westküste zu gehen. Während der Veranstaltung unter dem Titel „Joy and Obligation: The Legacies of Leo Trepp and A.J. Heschel“ erläuterte Gunda Trepp die Haltung und das Denken Trepps. Erzogen in der Orthodoxie, erkannte er, dass das Judentum seine Bedeutung nur behalten würde, wenn Juden sich aktiv engagieren, sich ihrer Religion und Kultur verpflichtet fühlen, und wenn sich das Judentum dadurch kontinuierlich weiterentwickelt. Er ging nach Deutschland zurück, weil er der Überzeugung war, dass neuer Antisemitismus nur vermieden werden könne, wenn Menschen über das Judentum und die Juden informiert würden. Abraham Heschel hingegen konnte und wollte nicht nach Deutschland gehen, wie seine Tochter erläuterte. Darüber hinaus stellte Susannah Heschel dar, wie die Interpretation der jüdischen Schriften ihren Vater dazu bewegte, für die Gleichstellung der Schwarzen und gegen den Vietnamkrieg zu kämpfen und sich für den christlich-jüdischen Dialog zu engagieren. Heschels Philosophie ist ins Bewusstsein vieler amerikanischer Juden eingeflossen. Im Anschluss überreichte Gunda Trepp die Torarolle, die Leo Trepp aus Deutschland hatte retten können, an einen Toraschreiber, der sie schätzen und gegebenenfalls reparieren wird. Anschließend soll sie dem Elie Wiesel Center für Jüdische Studien übergeben werden und den Studenten des Centers und denen der benachbarten Hillel Einrichtung zum Gebrauch dienen.
Das Elie Wiesel Center hat die Veranstaltung dokumentiert (Englisch).