Unser Namensgeber

Wenn Leo Trepp auf Schüler*innen und Studierende traf, fragte er oft: „Wer von Euch hat schon einmal einen Juden gesehen?“ Meist hob sich keine Hand, und er fügte hinzu, „Nun seht Ihr einen. Nutzt die Chance und fragt mich, was Ihr wollt.“ Als religiöser und selbstbewusster Jude war es ihm wichtig, dass nichtjüdische Deutsche die Jüdinnen und Juden nicht nur als Opfer kennenlernten, sondern als Vertreter*innen der ältesten der drei monotheistischen Religionen. Als Lehrender, Autor und Rabbiner setzte er sein Leben lang auf Erziehung und Information, konterte Stereotypen und startete lebendige Dialoge. In der jungen Generation sah Rabbiner Trepp nach der Schoa stets die Chance für einen Neubeginn.

Leo Trepp war Landesrabbiner in Oldenburg, bis ihn die Nationalsozialisten 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppten. Nach seiner Freilassung entkam er in die USA. In verschiedenen Essays setzte er sich bald mit dem Gedanken auseinander, dass es ohne Erinnerung an die Zeit zwischen 1933 und 1945 keine Zukunft für Deutschland geben werde. Dennoch betonte er stets, dass der jüdischen Lehre zufolge die Nachkommen der Täter keine Schuld trügen. Allerdings sah er ihnen die Verantwortung auferlegt, in Zukunft als Vorreiter jeder Form des Antisemitismus und jeder anderen Form von Menschenhass entgegenzutreten.

Doch formale Erinnerungsrituale allein können keine präventive Wirkung entfalten und neuen Antisemitismus verhindern. Auch nach der Schoah hielten sich die Stereotype, aus denen sich Judenfeindschaft speist und deren unwidersprochene, über Jahrhunderte währende Verbreitung dem Völkermord den Weg ebnete. Durch diese Brille wurden und werden Juden, und wird das Land Israel von vielen Menschen gesehen. Eine echte Umkehr würde Leo Trepp zufolge bedingen, dass nichtjüdische Bürger die falschen Bilder und Mutmaßungen abzulegen bereit waren, die sie mit den Juden verbanden. Den Boden dafür konnten nur Erziehung und Wissen bereiten.

Um Antisemitismus wirksam zu bekämpfen, so war er überzeugt, mussten Menschen etwas über das lebendige Judentum lernen. Bald kam er regelmäßig nach Deutschland zurück, um den Menschen jüdisches Leben näherzubringen. Sie sollten wissen, wie Leben, Kultur und Ethik der Juden aussehen, und wer Denker wie Moses Mendelssohn oder Samson Raphael Hirsch und Abraham Heschel waren, die nicht nur das Judentum in Deutschland, sondern Philosophen weltweit beeinflusst haben. Menschen sollten verstehen, welche Beziehung die Juden seit Jahrtausenden zum Land Israel hatten und haben. Leo Trepp lehrte an Universitäten und Schulen, hielt Vorträge und schrieb Bücher für deutsche Leser*innen. Als religiöser und selbstbewusster Jude war es ihm wichtig, dass nichtjüdische Deutsche die Juden und Jüdinnen nicht ausschließlich als Opfer kennenlernten, sondern als Vertreter*innen der ältesten der drei monotheistischen Religionen mit einer Ethik, die in dieser Gesellschaft immer noch von Relevanz ist.