O-Töne - Leo Trepp erinnert sich

Leo Trepp erinnert sich

2009 erzählt Leo Trepp einem Tonregisseur und seiner Frau zwei Tage lang über sein schicksalsreiches Leben – als Deutscher, als Jude und als Amerikaner. 2018 nutzt seine Frau unter anderen diese Dokumente, um seine Biographie zu vervollständigen. Doch schon 2014 erarbeitet sie mit Gabriele Diedrich von der Paul Lazarus Stiftung in Wiesbaden ein Hörbuch, das in der Edition ‚Zeugen einer Zeit‘ erscheint. In insgesamt zwölf Kapiteln erzählt der Gelehrte hier nicht nur die Geschichte eines deutschen Juden, dessen Familie ermordet und dessen Heimat ihm „gestohlen“ wurde, wie er es nannte, sondern die eines Mannes, der sich allen Herausforderungen mit einer tiefen Menschenliebe, mit Disziplin und mit Gottvertrauen stellt.

Das Hörbuch trägt den Titel „Tzedek, tzedek Tirdof – der Gerechtigkeit sollst du nachjagen.“ (Deut. 16:18). Diese Worte, die Mose vor seinem Tod an das Volk Israel richtet, waren für Trepp, wie viele andere Mitzwot in der Bibel, ethischer und moralischer Leitfaden. Tora muss im Alltag gelebt werden. Sie soll Jüdinnen und Juden durch das Leben führen. Wie wichtig ihm dieses Bewusstsein ist, betont er in Deutschland öffentlich zum letzten Mal bei der Wiedereröffnung der Synagoge in der Rykestraße, die ihn tief berührte. Denn hier hatte er schon als Rabbinerstudent gepredigt. Die Welt hat seine Rede dokumentiert. Sie finden sie hier.

„Er gab mir das Ideal des deutschen Juden.“ (CD 1, Kapitel 1)
Kap 1 der CD 1

Leo Trepp über seinen Vater, der als Jude orthodox und politisch liberal ist. So lernen seine Söhne schon früh Tora und Talmud, und vor allem Leo taucht gleichzeitig in die Welt der Kunst, Musik und Literatur ein.

„Zusammenleben im Bewusstsein des Andersseins.“ (CD 1, Kapitel 2)
Kap 2 der CD 1

Ein großer Teil der jüdischen Bürger lebten in Dörfern oder kleineren Orten auf dem Land. Leo Trepp verbringt die Ferienzeit in Oberlauringen/Unterfranken. An das jüdische Viertel und dessen Bewohner kann er sich gut erinnern.

„Im Laufe der Zeit wurde es schwieriger und schwieriger.“ (CD 1, Kapitel 3)
Kap 3 der CD 1

Der Judenhass nimmt zu. 1922 wird der jüdische Außenminister Walther Rathenau von Rechtsradikalen erschossen. Leo Trepp erzählt, wie er selbst in der Schule eine feindselige Haltung ihm gegenüber wahrnimmt.

„Die Orthodoxie in Deutschland war vollkommen offen zur gesamten Kultur.“ (CD 1, Kapitel 4)
Kap 4 der CD 1

In Berlin studiert er an der Universität und besucht gleichzeitig das orthodoxe Rabbinerseminar, dessen Liberalität ihn einnimmt. 1933 beobachtet er den Fackelzug der Nationalsozialisten nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.

„Ich bin noch vor Toresschluss durchgeschlüpft.“ (CD 1, Kapitel 5)
Kap 5 der CD 1

Trepp geht nach Würzburg und schreibt seine Doktorarbeit bei einem SA-Mitglied. Diesem Professor verdanke er viel, sagt er. 1935 schließt Trepp in Berlin seine Rabbinerausbildung ab. Den Juden ist nun vieles verboten. Noch arrangieren sie sich. 

„Ein Bild der Kontraste.“ (CD 1, Kapitel 6)
Kap 6 der CD 1

1936 tritt er die Stelle des Landesrabbiners im Freistaat Oldenburg mit 15 Gemeinden an. Die Menschen sind verzweifelt, weil der Staat ihnen nach und nach die Lebensgrundlagen entzieht. Trepp gründet eine eigene Schule für die jüdischen Kinder.

„Für Sie ist alles vorbei.“ (CD 2, Kapitel 1)
Kap 1 der CD 2

In der Pogromnacht 1938 werden Leo Trepp und seine Frau Miriam abgeholt. Mit den anderen Männern wird Trepp ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Miriam schickt per Telegramm einen Hilferuf an den britischen Oberrabbiner.

„Ich hatte ein sichtbares Bewusstsein der Gegenwart Gottes.“ (CD 2, Kapitel 2)
Kap 2 der CD 2

Im Konzentrationslager versuchen die Gemeindemitglieder, sich gegenseitig am Leben zu halten. Nach drei Wochen wird Trepp unter der Bedingung entlassen, Deutschland innerhalb von zwei Wochen zu verlassen.

„Es war so unglaublich, dass alles, woran ich geglaubt hatte, verschwunden war.“ (CD 2, Kapitel 3)
Kap 3 der CD 2

Der Oberrabbiner hat dem Ehepaar Visa geschickt.1939 emigrieren sie nach England. Dort bessert Trepp sein Englisch auf und betreut mit seiner Frau in einem Heim junge Juden, die ohne Eltern mit dem Kindertransport nach Großbritannien gekommen sind.

„Ich habe unendlich viel Demokratie erlebt.“ (CD 2, Kapitel 4)
Kap 4 der CD 2

In den Vereinigten Staaten hat Trepp keine Kontakte, die ihm helfen könnten. Er arbeitet als Rabbiner an der Ostküste und im Süden, wo er die Rassentrennung nicht erträgt. Er zieht an die Westküste und nimmt eine Professur an einem kalifornischen College an.

„Die Kinder haben keine Schuld an den Sünden der Väter, aber eine Verantwortung für eine bessere Zukunft.“ (CD 2, Kapitel 5)
Kap 5 der CD 2

1954 besucht Trepp in Mainz das Grab seines Vaters. Bald kommt er mit seinen amerikanischen Studenten zurück. Er will zum Dialog verschiedener Kulturen und zum Aufbau einer stabilen Demokratie beitragen.

„In all diesen Städten war es mir möglich aufzubauen.“ (CD 2, Kapitel 6)
Kap 6 der CD 2

Trepp arbeitet in der Lehre, er publiziert, und er gründet neue Gemeinden. Bis 2010 lehrt und spricht er in Deutschland. Hier vergleicht er das Bewusstsein und die Arbeit von Rabbinern und Professoren in den Vereinigten Staaten und Deutschland.