Mordecai Kaplan und der Rekonstruktionismus
Mordecai Kaplan ist bis heute wichtig im jüdischen Leben der Vereinigten Staaten, weil seine Ideen nicht nur den Rekonstruktionismus begründet, sondern auch die anderen Strömungen im Judentum beeinflusst haben. Kaplan, der 1881 geboren und orthodox erzogen wurde, wollte zunächst die Orthodoxie selbst modernisieren. Doch schon bald entwickelte er sich weiter, was ihm seine Mitbegründer der modernen Orthodoxie, und auch die Bewegung selbst nie verziehen haben. Seine Ideen können radikal genannt werden, zumindest ändern sie die Wahrnehmung des Judentums als Religion. Er glaubt, dass die Juden, verstreut über die ganze Welt, verbunden sind durch eine gemeinsame Zivilisation, durch eine Geschichte, die sie teilen, und durch die Aufgabe, ethisches Denken, das ihnen durch Gott aufgegeben wurde, in Handeln umzusetzen und in der Welt zu verbreiten. In dieser Aufgabe und Verpflichtung sieht er im Übrigen auch die Auserwähltheit des Jüdischen Volkes. Ansonsten kann er mit dem Begriff wenig anfangen. Die Diskussion darüber führen er und Leo Trepp häufig. Gott versteht Kaplan nicht als übergeordnetes Wesen, sondern als die treibende Kraft, die aus dem Chaos der Welt eine Ordnung errichtet. Dennoch hält er das Gebet für notwendig, weil der Einzelne darin einen psychischen Halt finden, und weil es auf persönlicher Ebene helfen kann, das Seelenheil zu finden, und weil es Kraft geben kann, zwischenmenschliche Beziehungen besser zu gestalten.