Die verschiedenen Strömungen im Judentum

Streng orthodoxe Juden akzeptieren die Tora als das Wort Gottes. Die Gläubigen haben zu Gott eine enge Beziehung. Sie sehen in ihm den Lenker der Welt, der auch über ihr persönliches Schicksal bestimmt und ihre einzelnen Gebete hört. Die Mitzwot müssen bedingungslos eingehalten werden. Änderungen sind kaum möglich, wenn überhaupt im Rahmen der talmudischen Lehre. Gebete und anderes in den Gottesdiensten werden ausschließlich auf Hebräisch gesagt.  

In Deutschland entstand im 19. Jahrhundert die Neo-Orthodoxie.
Daneben gründet sich die Reformbewegung. Im 19. Jahrhundert sind besonders jungen Juden die bisherigen Neuerungen nicht weit genug gegangen. Abraham Geiger (22.5.1810 bis 23.10.1874) wird zu einem Führer der Reformbewegung. Er sieht in den Mitzwot Vorschriften, die jeder aus eigener Überzeugung einhalten kann und nicht aus einer auferlegten Pflicht heraus befolgen muss. Obgleich er selbst koscher isst, lehnt er die Speisegesetze ab. Er misst Geschehnissen, die sich dem kollektiven Gedächtnis der Juden eingeprägt haben und wichtig geworden sind, keine Bedeutung mehr zu. Ein Beispiel dafür ist der Auszug aus Ägypten. Entsprechend gestaltet er das Gebetbuch um. Er tritt für die völlige Gleichberechtigung der Frauen in Synagoge und Gemeindeleben ein. Andere Reformrabbiner gehen noch weiter und wollen den Schabbat auf den Sonntag legen.

Den meisten deutschen Juden sind diese Gedanken, die erst in den Vereinigten Staaten wirkliches Gehör finden, zu weitgehend. Der Rabbiner Zacharias Frankel (30.9.1801 bis 13.2.1875) findet einen Mittelweg. Er denkt modern, doch lehnt er überstürzte und oktroyierte Reformen ab und will, dass sie sich in den Gemeinden organisch entwickeln. Die Tora sei dem Volk zur Weiterentwicklung gegeben. Gegen radikale Schritte, wie die Abschaffung des Hebräischen im Gottesdienst, stemmt er sich entschieden. Mitzwot können aus seiner Sicht geändert werden, wenn das jüdische Volk in einem organischen Prozess aus innerer Überzeugung zu dieser Entscheidung kommt. Er begründet das konservative Judentum.

In Amerika denkt Mordecai Kaplan das Judentum neu und entwickelt den Reconstructionism, der Auswirkungen auf alle Strömungen hat. Mehr finden Sie hier.

 

 

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